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Lernen per Gaming

Lea Tünte ist Mitglied des Projektteams „Förderung von E-Sport in der außersportlichen Jugendarbeit im Sportverein“ der Sportjugend NRW mit Unterstützung des Ministeriums für Kinder, Jugendliche, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKJFGFI NRW). Sie studiert Soziale Arbeit an der FH Münster. Im E-Sport ist sie als Vizepräsidentin Jugend im Landesverband für E-Sport Nordrhein-Westfalen aktiv. Ihre Schwerpunkte sind E-Sport und Jugend sowie Chancen und Risiken durch Gaming bzw. E-Sport.

Ist Gaming ein Türöffner?

Ja, im Rahmen der lebensweltorientierten Arbeit ist Gaming ein Instrument, um mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu kommen, ihnen Gesprächsanlässe zu bieten oder sich über ähnliche Erfahrungen auszutauschen. Besonders in Schul-AGs oder in Jugendzentren kann kritikfrei über Gaming gesprochen werden, das ist für Jugendliche wichtig.

Wie bewerten Jugendliche selbst den E-Sport?

Natürlich gibt es ehrgeizige Jugendliche, die das einmal beruflich machen wollen und damit Geld verdienen wollen. Aber die meisten wollen einfach das tun, worauf sie Bock haben. Sie wollen sich verwirklichen: im Team mit anderen spielen, Turniere spielen, Erinnerungen an gute Momente haben. Sie mögen einfach das Training, sich zu verbessern und mit anderen zu messen.

Dabei lernt man einiges …

Die positiven Auswirkungen sind im physischen Bereich etwa die Verbesserung der sensomotorischen Kompetenz, also der Hand-Auge-Koordination, und der Reaktionsgeschwindigkeit. Auch soziale Kompetenzen werden erlernt. Beispielsweise sachlich zu kommunizieren und nicht wild rumzuschreien, wenn es im Spiel hitziger wird. Frustrationstoleranz kann übers Gaming wunderbar geschult werden.

Und zuletzt sollen die Jugendlichen lernen, in der großen Welt des Internets nicht verloren zu gehen.

Das ist aus Sicht der Nicht-Gamer sicher einer der wichtigsten Punkte: die Risiken, die rund um das Gaming nicht von der Hand zu weisen sind.

Die medienpädagogischen Aspekte sind sehr relevant. Die Digitalisierung wird in unserer Gesellschaft immer zentraler, aber in den Schulen kommt Medienpädagogik zu kurz. Die Kinder und Jugendlichen lassen sich sehr schnell auf digitale Medien ein, aber das Wissen und das Gefahrenbewusstsein fehlt ihnen. Sie verfügen nur über Anwendungswissen.

Ein Verein, der E-Sport anbietet, kann diese Lücke aber nicht füllen.

Nein, das ist nicht seine Aufgabe. Er kann sich aber an den Spielen entlangtasten und mit den Teilnehmenden schauen: Wie recherchiert man Infos über das Spiel? Welche Websites gibt es, welche Foren, und wie sind diese zu bewerten? Wie wird zwischen Spiel und Realität unterschieden, also wie kann die Fähigkeit zur Abstraktion unterstützt werden? Wie kann in der Hitze des Spiels im Team kommuniziert werden? Die medienpädagogischen Aspekte werden somit zu sozialen Aspekten.

Woher können die Trainer*innen in den Vereinen ihr medienpädagogisches Wissen beziehen?

Grundwissen ist von Vorteil. Die Trainer*innen sollten ein grundsätzliches Interesse an Medienpädagogik haben. Schulungen werden hier angeboten.

Richtet sich Medienpädagogik nur an die Spielenden?

Nein, natürlich auch an die Eltern. Sie sorgen sich um den Gewalt- und den Suchtfaktor. Man kann ihnen vermitteln, dass ein bewusster Umgang mit Spielen hilft. Exzessives Spielen hängt nicht nur mit der Verführungskraft der Games zusammen, sondern hat viele Ursachen, die Eltern im Blick haben müssen.

Hingegen ist Gaming keine verschwendete Zeit, sondern hier werden Informationen und Skills für andere Teile des Lebens aufgenommen. Und hier rücken wieder die Vereine in den Fokus: Man kann im Verein einfach mehr mitnehmen. Die meisten Kinder und Jugendlichen fangen zuhause mit dem Gaming an – aber im Verein ist jemand, der oder die sich mit dem Thema auskennt und kontrollieren kann. Außerdem findet im Verein ein körperlicher Ausgleich zur sitzenden Tätigkeit statt, gerade für die belasteten Stellen wie Sehnenscheiden, Rücken, Nacken, Augen.

Zusammengefasst: Die Vereine können die Kinder und Jugendlichen genau dort abholen, wo sie stehen, und den E-Sport für sie bewusster, risikofreier und gesundheitserhaltender gestalten.

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