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Koordination

Als Übungsleiter*in ist es deine Aufgabe, die Bewegung deiner Teilnehmer*innen zu fördern. Dabei kann es ein Ziel sein, dass die Bewegungen deiner Teilnehmer*innen flüssig und gekonnt ablaufen. Hierfür müssen die koordinativen Fähigkeiten deiner Teilnehmer*innen geschult werden.

Gut ausgeprägte koordinative Fähigkeiten erleichtern im Sport das Erlernen von neuen Bewegungen und erhöhen die Effektivität bereits gelernter Bewegungen (z.B. durch eine schnellere Anpassung an wechselnde Situationen). Zudem können sie konditionelle Fähigkeiten beeinflussen (z.B. gezieltere Krafteinsätze). Eine gut entwickelte Koordination (insbesondere Gleichgewicht) kann außerdem dazu beitragen, Unfällen und Verletzungen im Sport und im Alltag entgegenzuwirken.

Koordinative Fähigkeiten sind ein Maß dafür, wie gut du deine Bewegungen steuern kannst. Sie haben eine sportartübergreifende Bedeutung und sind die Grundlage dafür, unterschiedliche Bewegungen ausführen zu können. Koordination beschreibt dabei immer das Zusammenspiel deiner Wahrnehmung und deiner Bewegungsausführung. Zum Fangen eines Balls musst du beispielsweise die Flugbahn des Balls wahrnehmen und die Bewegung deiner Arme, Hände und Finger aufeinander abstimmen.

Bei jeder Bewegung spielen immer mehrere koordinative Fähigkeiten eine Rolle, die in unterschiedlicher Stärke genutzt werden. Aufgrund der schwer zu überblickenden Anzahl koordinativer Fähigkeiten gibt es verschiedene trainingswissenschaftliche Systematisierungen. Eine seit vielen Jahren genutzte Systematisierung unterscheidet sieben koordinative Fähigkeiten (siehe Tabelle 3), die als besonders relevant angesehen werden und die du dir mit der Eselsbrücke D-O-R-(F)-K-R-U-G merken kannst (s. Abbildung 7). Für viele Sportbereiche gibt es umfangreiche Übungssammlungen, bei denen die jeweiligen Übungen und Spiele diesen sieben koordinativen Fähigkeiten zugeordnet werden.

 

Diese Systematisierung bietet einen ersten Überblick darüber, was Koordination ausmacht. Zur Gestaltung eines Koordinationstrainings empfiehlt sich die Betrachtung der sogenannten koordinativen Anforderungen, wie sie im nächsten Abschnitt beschrieben werden.

Die Möglichkeit zur Gestaltung eines spezifischen Koordinationstraining ist für dich deshalb wichtig, weil unterschiedliche Sportarten auch unterschiedliche koordinative Anforderungen mit sich bringen. Bewegungen im Turnen (z.B. ein Handstand) stellen beispielsweise andere Anforderungen an deine Koordination als Bewegungen aus der Leichtathletik (z.B. Schlagballwerfen).

Koordinative Anforderungen

Es gibt zwei grundsätzliche Anforderungskategorien: Informationsanforderungen und Druckbedingungen. Die erste Kategorie beschreibt Informationen, die zur Bewältigung einer Bewegung verarbeitet werden müssen (siehe Tabelle 4). Hier werden Gleichgewichtsanforderungen als besonders bedeutsam hervorgehoben, da sie in jeder Bewegung vorkommen und immer auch das Ergebnis des Zusammenwirkens aller anderen sensorischen Informationen (optisch, akustisch etc.) sind.

 

Die zweite Anforderungskategorie beschreibt Druckbedingungen, unter denen Bewegungen ausgeführt werden (siehe Tabelle 5).

Koordinationstraining

Zur konkreten Planung und Durchführung eines Koordinationstrainings kannst du die Methodische Grundformel nutzen (siehe Abbildung 9). Ein Koordinationstraining besteht aus gekonnten (beherrschten) Bewegungen, die durch die Variation der zuvor beschriebenen Informationsanforderungen und Druckbedingungen erschwert werden.

Die ausgewählten Bewegungen sollten dabei sicher beherrschte Fertigkeiten sein. Bei einem allgemeinen Koordinationstraining setzt du einfache (elementare) Fertigkeiten (z.B. Werfen, Schießen, Schlagen, Fangen, Stoppen, Dribbeln, Balancieren, Klettern, Schaukeln, Laufen, Ziehen, Schieben, Rollen, Hüpfen, Springen) ein. Bei einem spezifischen Koordinationstraining hingegen nutzt du vor allem sportspezifische (bereits beherrschte) Fertigkeiten. Beim Handball sind das beispielsweise der Schlagwurf oder der Sprungwurf.

Durch das Verschieben der Regler-Stellungen kannst du unzählige Übungsvariationen entwickeln und in ihrem Schwierigkeitsgrad verändern. Das Herunterschieben von einem oder mehreren Reglern entspricht dabei einer Vereinfachung der koordinativen Anforderungen, das Hochschieben einer Steigerung der Koordinationsschwierigkeit. Die Erhöhung des Schwierigkeitsgrads kannst du auch durch ungewöhnliche Konstellationen der Regler-Positionen zueinander erreichen.

Beispiel: Die einfache Fertigkeit Laufen variierst du beispielsweise durch die Veränderung der optischen Informationsanforderung (z.B. ein abgedecktes Auge) oder des Komplexitätsdrucks (z.B. zusätzliches Armkreisen).

Beachte, dass die einzelnen Regler voneinander abhängen. Bei einer Erhöhung der optischen Informationsanforderungen können sich beispielsweise zugleich mehrere Druckbedingungen verschieben. Je nach Schwerpunkt im Koordinationstraining kann es ratsam sein, einen Bestandteil (z.B. die ausgewählte Fertigkeit, die Informationsanforderungen oder die Druckbedingungen) der Grundformel konstant zu halten.

Zentrales Nervensystem

Das Nervensystem des Menschen wird untergliedert in einen zentralen und einen peripheren Teil. Beide zusammen regeln unsere Beziehung zur Innen- und Außenwelt.

Aus Sinnesorganen kommende Informationen werden aufgenommen, verarbeitet und ggf. in Bewegung umgesetzt.

  • Jede zielgerichtete Bewegung ist eine koordinative Gesamtleistung des Zentralen Nervensystems (ZNS) unter Führung des Großhirns.
  • Die Bewegungsvorstellungen des Großhirns sind nur durch Mitwirkung untergeordneter ZNS-Einheiten in reale Bewegungen umzusetzen.
  • Das Kleinhirn ist der Fertigkeitsspeicher für Sportbewegungen.

Peripheres Nervensystem

Das periphere Nervensystem führt vom Rückenmark zu den Muskeln und Organen. Zum peripheren Nervensystem gehören:

  • Hirnnerven
  • Spinalnerven (Nerven aus dem Rückenmark)
  • einschließlich ihrer Rezeptoren und Erfolgsorgane (wie z.B. motorische Endplatten und Ganglien)

Empfehlungen für die Praxis:

  1. Plane ein abwechslungsreiches und vielfältiges Übungsprogramm, indem du das KAR-Modell und die methodische Grundformel nutzt.
  2. Verwende Übungen, die für deine Teilnehmer*innen neu und ungewohnt sind. 
  3. Gestalte dein Koordinationstraining zunehmend komplexer und schwieriger. Variiere die Komplexität und den Schwierigkeitsgrad deiner Übungen durch Verschiebung der Informations- und Druckregler.
  4. Lass deine Teilnehmer*innen mehrfach versuchen, die gestellten Bewegungsaufgaben zu lösen. Gelingt die Bewegungsausführung fast immer, erschwere die Bedingungen (Wiederholen ohne Wiederholung).
  5. Führe ein Koordinationstraining lieber häufiger mit geringerem Umfang, anstatt selten und umfangreich durch (Kontinuität vor Extensivität).
  6. Achte darauf, dass deine Teilnehmer*innen die Übungen mit höchster Intensität durchführen und zum Zeitpunkt des Koordinationstrainings ausgeruht sind (Qualität vor Quantität).
  7. Setze Einzelübungen, Partnerübungen oder Spiele ein. Denke bei Spielen aber daran, dass die Druckbedingungen grundsätzlich bereits erhöht sind und verschiedene Bewegungen gleichzeitig vorkommen. Passe Spiele daher an das Ziel deines Koordinationstrainings an.


Quellen:

Basismodul der C-Lizenz Basiswissen Sport Für Übungsleiter*innen und Trainer*innen

Friedrich, 2022
Golle et al., 2022
Hottenrott, 2022
Kröger & Roth, 2021
Thienes, 2020
Hotz & Lange, 2017
Neumaier, 2016
Hirtz, 2014
Blume, 1978

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