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Jugendarbeit im Sport

Aufsichtspflicht und Verantwortung

Die Aufsichtspflicht gegenüber Minderjährigen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nur sehr allgemein beschrieben. Grundsätze zur Aufsichtsführung lassen sich aus der Auslegung der Gesetzestexte durch Kommentare und vor allem aus der Rechtsprechung durch Gerichte ableiten.

Unstrittig ist das Ziel, dass durch die Aufsichtspflicht (diese liegt bei den Personensorgeberechtigten und wird weitergegeben an z. B. Lehrer*innen, Erzieher*innen und Übungs- und Jugendleiter*innen im Sportverein) Minderjährige vor Schaden bewahrt werden sollen und es verhindert werden soll, dass Minderjährige Dritten gegenüber einen Schaden verursachen. Als Minderjährige gelten alle jungen Menschen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.

Wer die Aufsicht über Minderjährige führt muss alles tun, was vernünftigerweise von einem verständigen Aufsichtspflichtigen unter den gegebenen Umständen verlangt werden kann (nach einem Urteil des BGH vom 19.01.1993).

Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang die gegebenen Umstände:

  • Personen der Gruppe: Alter, Eigenart, Charakter, Entwicklungsstand, Verhaltensauffälligkeiten, Krankheiten,
  • Gruppenverhalten: Gruppengröße, Bekanntheit untereinander, innere Verhältnisse, Zeit des Bestehens,
  • Gefährlichkeit der Beschäftigung: Art der Übungen, Art der Spielgeräte, Ausflug, Baden, Wettkämpfe,
  • Örtliche Umgebung: Abgeschlossenheit des Geländes, Weg zum Gelände, Nähe zu Gewässern, Straßenverkehr, jugendgefährdende Bereiche, Gebirge, Witterung,
  • Person des Jugendgruppenleiters: Fähigkeiten, Kenntnisse, Lizenzen, pädagogische Erfahrung,
  • Verhältnis Jugendleiter - Gruppe: Dauer des Bekanntseins, Gruppengröße, Akzeptanz des Betreuers,

Es sind im Wesentlichen diese sechs Kriterien, die Inhalt und Umfang der Aufsichtsführung bestimmen. Eine angemessene Beaufsichtigung muss also nicht in jedem Fall heißen, die oder den Minderjährigen jederzeit im Auge haben zu müssen. Kontinuierlich im Auge haben ist notwendig bei gefährlichen Beschäftigungen an gefährlichen Orten, z. B. beim Baden. Aber eine Kleingruppe Jugendlicher, die nicht zuvor negativ aufgefallen ist, darf ohne Betreuer in das dem Ferienlager benachbarte Dorf zum Einkaufen, wenn auf dem Weg dorthin keine besonderen Gefahrenquellen zu berücksichtigen sind.

Wichtig in Situationen, in denen Minderjährige von Aufsichtsführenden nicht im Blick gehalten werden, z. B. beim Umziehen in der Umkleidekabine, ist die Sicherstellung der unmittelbaren Erreichbarkeit des Aufsichtsführenden. Im Falle eines auftretenden Problems muss der* Übungs-/Jugendleiter*in sofort ansprechbar sein.

Aus pädagogischen Gründen, zur Umsetzung des Zieles der Förderung der Selbstständigkeit, ist es nicht wünschenswert, die Minderjährigen jederzeit im Auge zu haben. Wichtig ist jedoch, im Vorfeld klare Absprachen zu treffen. Minderjährige sollen in die Lage versetzt werden, selbstständig Gefahrenquellen einschätzen, vermeiden bzw. bewältigen zu können. Dazu wird Einfluss genommen ("Belehrung"), um den Minderjährigen Einsicht in die Gefährlichkeit einer Beschäftigung, in das Risiko eines Verhaltens zu vermitteln und sie zu Verhaltensweisen zu bewegen, mit denen Gefahren umgangen oder gemeistert werden können.

Der*die Aufsichtführende muss sich kontinuierlich davon überzeugen, dass die Formen der eigenen Einflussnahme auf das Verhalten der Minderjährigen wirklich den gewünschten Erfolg haben. Eine einmalige "Belehrung", z. B. niemals ohne Betreuer mit Rettungsfähigkeiten im angrenzenden See zu baden, muss überprüft werden.

Sollte sich herausstellen, dass die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen nicht ausreichend ist, dass er Gefahrenquellen nicht selbstständig bewältigen kann, dann müssen wirksame Maßnahmen getroffen werden. Dazu gehören alle Maßnahmen, die ein gefahrenträchtiges Verhalten unmöglich machen (Verschließen eines gefährlichen Ortes) oder die einer einzelnen Person eine Strafe auferlegen (Ausschuss von einer Aktivität). Strafen müssen selbstverständlich dem Vergehen angemessen sein und in Abstufungen erfolgen. Ein Ausschluss aus der Gruppe bzw. von der Aktivität ist die gravierendste Form und wird immer dann ausgesprochen, wenn die Verantwortung für einen Minderjährigen nicht weiter übernommen werden kann.

Die Übernahme der Aufsichtspflicht gegenüber Minderjährigen ist durch einen Vertrag geregelt. Dieser muss nicht schriftlich abgeschlossen sein, um Gültigkeit zu besitzen. Wichtig in diesem Vertrag ist die Festlegung von Beginn und Ende der Aufsichtspflicht. Daraus lassen sich Regeln ableiten:

ob und auf welche Weise Minderjährige vorzeitig eine Aktivität verlassen dürfen,

was im Falle von Verspätungen oder kurzfristigen Verhinderungen des Übungsleiters zu veranlassen ist,

wie zu verfahren ist, wenn Eltern nicht wie gewohnt ihre Kinder am vereinbarten Ort zum vereinbarten Zeitpunkt abholen,

ob und unter welchen Voraussetzungen die Aktivitäten oder der Ort der Übungsstunde kurzfristig verlegt werden dürfen.

Antworten auch auf diese Fragen lassen sich bei Unklarheiten (denn nicht jedes Detail ist im Voraus regelbar) durch die allgemeine Lebenserfahrung finden.

Weitergehende Informationen finden sich auch unter den nachfolgenden Links:

http://www.praxis-jugendarbeit.de/jugendleiter-schulung/aufsichtspflicht-jugendleiter.html

http://www.elternimnetz.de/cms/paracms.php?site_id=5&page_id=168

http://www.aufsichtspflicht.de/

Informationen zum Mitnehmen

Hier finden Sie Broschüren, Infopapiere und andere Informationen.

Wie funktioniert die Sportförderung in Deutschland?

Eine kleine Link-Übersicht für Sportinteressierte