Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen
Rechtliche Rahmenbedingungen zum Einsatz minderjähriger Mitarbeiter*innen
Rechtliche Situation
Gemäß der Normen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) der Bundesrepublik Deutschland sind Minderjährige bei der Ausführung von Geschäften und beim Abschluss von Verträgen beschränkt. Sie sollen u.a. davor geschützt werden, ausgenutzt oder ausgebeutet zu werden. Jugendliche können keine rechtsverbindlichen Vereinbarungen treffen, deren Konsequenzen sie nicht vollständig absehen können und die ihnen eventuell Nachteile bringen können.
Jugendliche sind auch nur bedingt deliktfähig und strafmündig. Auch hier wird wieder eine Schutzfunktion durch den Gesetzgeber ausgefüllt, der ausgehend von der unterstellten noch nicht voll ausgeprägten Selbstverantwortlichkeit, der sich erst nach und nach entwickelnden seelisch-sozialen und geistigen Reife dafür sorgen will, dass Kinder und Jugendliche keinen Schaden nehmen.
Diese gesetzlichen Grundlagen wirken sich aus auf Umfang und Einsatzfelder von Sporthelfer*innen. So ist beim Abschluss eines Vertrages mit dem Vereinsvorstand zu beachten, dass der GH-Einsatz für den Jugendlichen in erster Linie Vorteile bringt und keine Risiken birgt. Ansonsten wären solche Verträge unwirksam.
Es ist rechtlich unstrittig, dass der Einsatz als Sporthelfer*in unter der Anleitung eines kompetenten erwachsenen Übungsleiters, der vom zeitlichen Umfang mit den sonstigen alltäglichen Anforderungen wie Schule oder Berufsausbildung im Einklang steht, ausschließlich positive Auswirkungen im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen hat. Ein solcher Vertrag über eine Sporthelfer*innen-Tätigkeit (gleichgültig, ob in mündlicher, schriftlicher Form oder auf Grundlage von Gewohnheit) bedarf keiner Zustimmung der Personensorgeberechtigten der Minderjährigen.
Die Aufsichtspflicht der verantwortlichen Übungs- oder Jugendleiter*in besteht auch gegenüber dem jugendlichen Sporthelfer*innen, wobei die Aufsichtführende die Umsetzung der Aufsichtspflicht vom Alter, Entwicklungsstand, von der persönlichen Reife der*des Sporthelfer*in abhängig macht und in der Regel nicht dazu verpflichtet sein wird, den Sporthelfer*innen ständig im Blick haben zu müssen.
Hat sich der*die verantwortliche Gruppenleiter*in von der Zuverlässigkeit der*des Sporthelfer*in überzeugt, dann ist es mit den Anforderungen an die eigene Aufsichtspflicht zu vereinbaren, dem* der Sporthelfer*in die unter der eigenen Aufsichtspflicht liegenden Minderjährigen anzuvertrauen, ohne selbst ständig den Blick auf die Minderjährigen zu richten.
Tritt in diesem Fall ein Schaden auf, so ist der Erwachsene zwar als Aufsichtführender verantwortlich, wird aber nicht per se die Aufsichtspflicht verletzt haben. In der Praxis wird es sich in der geschilderten Situation zumeist so darstellen, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn die Erwachsene selbst die Gruppe im Blick gehabt hätte. Und Schäden in und durch Sport sind nun einmal Risiken, die alle Beteiligten stillschweigend eingehen. Diese Risiken werden so gut es geht kontrolliert und wenn dann doch Schäden auftreten, dann haben die jeweils Betroffenen diese selbst zu regulieren oder es tritt bei Fahrlässigkeit eine bestehende Haftpflichtversicherung ein.
Etwas anders liegt der Fall, wenn der Verein sich entschließen sollte, eine*n Minderjährige*n zur verantwortlichen Gruppenleiter*in einsetzen zu wollen. Hier hat der geschäftsführende Vorstand eine besondere Verantwortung bei der Auswahl der Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen. Es müssen sehr viele Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Minderjähriger mit der Leitung einer Gruppe betraut werden darf.
Einarbeitung von Sporthelfer*innen
Es ist ein langfristiger Prozess, der mit der teilnehmenden Beobachtung in den Übungsstunden der erfahrenen Trainer beginnt. Die Eindrücke werden zwischen den Jugendlichen und den Erwachsenen ausgetauscht und reflektiert.
Im nächsten Schritt übernimmt der*die Sporthelfer*in kleine Aufgaben innerhalb der Übungsstunde und erprobt sich in der Anleitung von Übungen und im Umgang mit Kindern. Sie*Er erhält Unterstützung und Rückmeldungen von der Übungsleiterin. Diese Phase dauert mehrere Monate und ist dadurch gekennzeichnet, dass Komplexität und Umfang der Aufgaben zunehmen.
Jetzt erfolgt ein qualitativer Sprung. Der*die Sporthelfer*in kann jetzt eine Übungsstunde kompetent planen, durchführen und auswerten, er hat in der Zwischenzeit bereits einen Sporthelfer*in-Lehrgang absolviert oder ist in die Übungsleiter*innen-Ausbildung eingestiegen. Er hat durch sein Verhalten nachgewiesen, dass er die nötige Zuverlässigkeit und Reife für das Leiten einer Gruppe besitzt. Trotzdem bleibt der/die alte Übungsleiter*in weiterhin für die Gruppe rechtlich verantwortlich. Aber er*sie kann jetzt dem Jugendlichen mehr Verantwortung zumuten, z. B. den*die Sporthelfer*in beauftragen, die Stunde allein zu ende zu bringen.
Jugendliche als Gruppenleiter/innen
Der Vereinsvorstand kann einen auf geeignete Weise in das Aufgabenfeld "Gruppenleitung" eingeführten Minderjährigen mit der Funktion derdes Übungsleiter*in betrauen. Er hat die notwendige Sorgfalt bei der Auswahl nachzuweisen. Er muss sich von den Eltern des minderjährigen Gruppenleiters von der Aufsichtspflicht entbinden lassen und durch die Einverständniserklärung der Eltern bestätigen lassen, dass auch sie ihre Tochter/ihren Sohn für geeignet halten.
Der Vorstand stellt sicher, dass eine erwachsene kompetente Person in Notfällen schnell zu erreichen ist, z. B. der als Übungsleiter im Verein tätige Schulsportlehrer, der sich im Lehrer*innen-Zimmer mit anderen Aufgaben beschäftigt und per Mobiltelefon sofort erreichbar ist und in wenigen Minuten am Ort des Geschehens sein kann
Dass der Einsatz von Jugendlichen als verantwortliche Übungsleiter*innen im Sport eher die Ausnahme ist und bleiben sollte hängt u. a. mit der Gefährlichkeit der Beschäftigung "Sport" zusammen. Denn in anderen Feldern ist der Einsatz minderjähriger Gruppenleiter*innen weiter verbreitet.
Im Schulmitwirkungsgesetz z. B. ist festgelegt, dass Veranstaltungen der Schüler*innen-Vertretung von Schüler/innen selbst beaufsichtigt werden dürfen. Der*Die Schulleiter*in betraut in diesem Fall ihr vom Schülerrat vorgeschlagenen Schüler*innen mit der Aufsichtsführung. Sie hat dafür Sorge zu tragen, dass die*der Schüler*in für die jeweilige Aufgaben auch geeignet ist, und er*sie wird die Eignung außer von der Persönlichkeit des Schülers auch von der Aktivität abhängig machen. Er*Sie wird einen Video-Abend entsprechend anders einschätzen als die Leitung einer Trampolin-Gruppe im außerunterrichtlichen Schulsport.
Die kommunalen Jugendämter stellen den bundeseinheitlichen Jugendgruppenleiterausweis (Juleica) teilweise ab 16 Jahren aus. Damit entsprechen sie gesellschaftlichen Entwicklungen, wonach Jugendliche immer früher die für die Jugendarbeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit und Reife besitzen. Der Träger der Jugendarbeit, also z. B. die Kirche oder die Jugend im Sportverein, muss dann entscheiden, ob der Ausweisinhaber der jeweiligen Aufgabe tatsächlich gewachsen sein wird. So wird die*der 16-jährige nie mit der Leitung einer Ferienfreizeit betraut werden, wohl aber mit der Leitung einer Tischtennisgruppe, einer Tanzgruppe oder der Fußball-Minikicker.