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Planung der Kinder- und Jugendarbeit im Sport

Planungsgrößen und ihre Wechselwirkung der Kinder- und Jugendarbeit im Sport

Planungsgrößen in Wechselwirkung
Um von der ersten Idee zur Durchführung und abschließenden Auswertung einer beliebigen Aktivität zu gelangen, ist eine Reihe von Aspekten zu berücksichtigen. Diese werden in jeden Planungsprozess einbezogen, auch wenn das in der alltäglichen Arbeit nicht immer bewusst wird. Keine Veranstaltung kann gelingen und zu einem Erfolg werden, wenn die folgenden Planungsgrößen außer acht gelassen werden:

  • Jede Aktivität hat eine Absicht, soll ein Ziel verfolgen oder einen Zweck erfüllen (auch die Gestaltung einer "zweckfreien Spielrunde" ist mit einem Ziel verbunden).
  • Inhalte und Abläufe einer jeglichen Aktivität müssen auf die Voraussetzungen der Teilnehmenden abgestimmt sein, also auf ihre Fähigkeiten, Bedürfnisse, Motivation.
  • Aus den Zielen und der Analyse der Zielgruppe lassen sich nun die konkreten Inhalte einer Aktivität ableiten.
  • Passend zu den Inhalten werden Methoden ausgewählt, die zum Erreichen des Zieles geeignet erscheinen und von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch angenommen werden. 
  • All das bis hierhin vorüberlegte kann nur zur Umsetzung gelangen, wenn es auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Gruppenleitung bezogen ist. " Und schließlich müssen die geeigneten Rahmenbedingungen vorhanden sein, dazu zählen Material, Raum, Zeit, Wetterbedingungen, Geld, u.s.w.

All diese sechs Aspekte werden im Vorfeld je für sich und dann in Bezug auf die anderen durchdacht. Es herrscht eine große Dynamik zwischen den Aspekten, sie befinden sich permanent in Bewegung zueinander. Sie müssen immer in Zusammenhang gesehen werden. Denn jede Veränderung einer einzelnen Größe wirkt sich auf die anderen Planungsgrößen aus.

Beispiele
Wird beim Leichtathletik-Training in einer Stunde das Ziel nicht auf die Verbesserung technischer Fertigkeiten sondern auf soziales Lernen gelegt, muss mit Verunsicherung oder gar Ablehnung auf Seiten der Kinder und Jugendlichen gerechnet werden. Die Trainerin selbst muss sich hinterfragen, ob sie die entsprechenden Kompetenzen hat, soziales Lernen zu initiieren. Es müssen Spiel- und Übungsformen ausgewählt und in methodisch angemessener Weise umgesetzt werden, durch die Lernprozesse in Richtung z. B. veränderten Kooperationsverhaltens auch tatsächlich ausgelöst werden können.

Das Ziel: "Förderung sozialen Lernen" muss also zunächst auch erst kleingedacht werden, es muss geklärt werden, welche Elemente aus dem großen Bereich soziales Lernen herausgenommen werden sollen, um durch gezielte Übungsformen konkrete Lerneffekte zu erzielen.

Abschließend wird gefragt, ob die Rahmenbedingungen zum veränderten Ziel passen. Es könnte sich als ungünstig erweisen, soziales Lernen in der Trainingsphase vor einem wichtigen Wettkampf anzusetzen oder Körperwahrnehmungsübungen in Partner/innen-Arbeit ausgerechnet bei Nässe oder in strömendem Regen vorzusehen.

Ändert sich die Zusammensetzung der Teilnehmer/innen-Gruppe, dann können die Effekte der Gruppendynamik Einfluss auf alle Planungsgrößen nehmen. Muss ein Kind z. B. aus Krankheitsgründen vor Beendigung der Ferienfreizeit nach hause reisen, dann fehlt es vielleicht bei der Aufführung des selbsterarbeiteten und erprobten Musicals am Abschlussabend. Je nach Schwere der Erkrankung ist es möglich, dass die Stimmung in der gesamten Gruppe gedrückt ist, so dass die Ursprungsidee für den Abschiedsabend variiert werden muss.

Das geplante Spielfest für die ganze Familie auf dem Vereinsgelände mit den vielen vorbereiteten Mitmachaktionen wird einen anderen Charakter erhalten, wenn sich dunkle Wolken am Himmel zusammenbrauen und einen Regenschauer ankündigen. Die Schlechtwetter-Variante der Planung, die dann greift, hat insbesondere Auswirkungen auf Inhalte und Methoden/Abläufe dieses Spielfestes.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit im Sport müssen sich zu jedem Zeitpunkt der Vorbereitung und Durchführung einer Aktivität der wechselseitigen Abhängigkeit der Planungsgrößen bewusst sein und mit der Bereitschaft zum Experimentieren und der Fähigkeit zur Flexibilität ausgestattet sein.

Planungsgrößen im Einzelnen
Ziele
Sportliche, kulturelle und politische Vereinsangebote für Kinder und Jugendliche sind eingebunden in pädagogische Sinnzusammenhänge, das bedeutet, dass die Arbeit absichtsvoll und geplant bestimmte Ziele ansteuert. Als die Frage nach dem "WOHIN" steht die Auseinandersetzung mit den Zielen der Arbeit als Jugend- und Übungsleiter/in am Beginn jeder Stunden bzw. Aktionsplanung.

Allgemeine Ziele wie Gesundheit, Kreativität, Kommunikationsfähigkeit oder Verantwortungsbewusstsein gelten als übergreifend und werden langfristig angestrebt.

Spezielle Ziele, wie z.B. das Erlernen des Kopfsprungs im Schwimmen, die Kooperation mit anderen bei der Planung eines Spieleabends oder das spannungsreiche Erleben einer Nachtwanderung werden kurz- oder mittelfristig angestrebt.

Je nach Grad der Spezifikation spricht man auch von Fein-, Grob- und Richtzielen.

Um die speziellen Ziele genauer bestimmen zu können, werden vier Zieldimensionen unterschieden: Motorische, emotionale, soziale und kognitive. Zu den motorischen Zielen gehören z.B. das Sammeln von Bewegungserfahrungen, das Ausprobieren von Bewegungsmöglichkeiten, der Erwerb von motorischen Fertigkeiten, die Verbesserung koordinativer und konditioneller Fähigkeiten oder die Entspannung nach körperlicher Belastung. Zu den emotionalen Zielen zählt z.B. das Ausleben von Gefühlen, der Umgang mit Ängsten, das intensive Naturerleben, der Umgang mit Erfolg und Misserfolg oder der Spaß an einer Bewegung.

Soziale Ziele sind z.B. die Kooperation in Gruppen, das Rücksichtnehmen auf andere, das Einlassen auf einen Partner oder eine Partnerin, das Lösen von Konflikten oder die Übernahme von Verantwortung in der Gruppe. Zu den kognitiven Zielen schließlich gehört z.B. der Erwerb von Kenntnissen, das Kennenlernen unterschiedlicher Meinungen, das Nachdenken über Spielregeln, der Erwerb von Planungsfähigkeit oder die Fähigkeit zu taktischem Mannschaftsspiel.

Die Ausdifferenzierung in die genannten vier Zieldimensionen hat den Vorteil, dass einzelne Zielaspekte einer Stunde konkret benannt werden können. Besonders in unterrichtlichen Zusammenhängen wird diese Aufgliederung häufig verwendet. Ein Nachteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Dimensionen leicht vernachlässigt werden. Jede Vereinsaktion, sei es eine sportliche Übungsstunde oder eine kulturelle Veranstaltung, spricht immer ein Bündel von miteinander verknüpften Zielen an. Eine ganzheitliche Darstellung von möglichen Zielen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen orientiert sich daher eher an Inhaltsbereichen. In ihrer Breitensportkonzeption unterscheidet die Sportjugend NRW beispielsweise fünf Bereiche als Zielkategorien: Bewegungslernen/Können/Leisten, Erlebnis/Spannung/Risiko, Geselligkeit/Kommunikation/soziales Lernen, Fitness/Ästhetik/Gesundheit/Körpererfahrung und Mitbestimmung/Mitgestaltung/Teilhabe. Insgesamt soll damit die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen auf ihrem Weg zu "selbstbestimmten, kreativen, kritischen und verantwortungsbewussten Erwachsenen" umfassend gefördert werden.

Inhalte
Die Ziele bilden den Rahmen für die Auswahl der Inhalte aus den Bereichen der sportlichen, kulturellen und politischen Vereinsarbeit für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen. Im Anschluss an die Zielbestimmung wird mit Hilfe der Frage nach dem "WAS" die Auswahl der Inhalte festgelegt. Es ist aber auch möglich, dass die JL/ÜL aktuelle Tendenzen aus der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen bzw. deren Wünsche aufgreifen und auf ihre Umsetzbarkeit und ihren pädagogischen Sinn prüfen.

Gerade unter dem Aspekt der Teilnehmerfinnen-Orientierung sollte diese Alternative immer offen gehalten werden. Mögliche Inhalte sportlicher, kultureller und politischer Vereinsarbeit sind im Kapitel "Aktivitäten im kind- und jugendgerechten Sportverein" ausführlich dargestellt. Die Anpassung der Inhalte an die jeweiligen Zielgruppen und Rahmenbedingungen muss dabei allerdings berücksichtigt werden. Ein flexibler Umgang mit Inhalten der sportlichen, kulturellen oder politischen Vereinsarbeit erfordert immer wieder didaktische Reduktionen oder Erweiterungen.

Methoden
Unter einer Methode versteht man den Weg zu einem Ziel oder die Art und Weise der Vermittlung eines Inhalts. Als die Frage nach dem "WIE" hat die Methodenwahl eine wesentliche Bedeutung für das Erreichen eines bestimmten Ziels bzw. für das "Ankommen" eines Inhalts in einer Gruppe. Derselbe Inhalt - z.B. Basketball-Spielen oder Drachen bauen - kann ganz unterschiedliche Ziele anstreben (z.B. Konditionsschulung oder Kooperation, handwerkliche Fähigkeiten oder Gruppenerlebnis). Gleichzeitig kann er von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen ganz unterschiedlich erlebt werden (z.B. als intensives "Auspowern" oder "nervtötendes Gruppenspielchen", als langweiliges Basteln oder spannende Vorbereitung des Drachensteigens). Der Erfolg der sportlichen, kulturellen und politischen Vereinsarbeit mit Kindern und Jugendlichen hängt ganz entscheidend von der Wahl der "richtigen" Methode ab.

Leiter*in
Bedeutungsvoll für die Qualität der Vereinsarbeit mit Kindern und Jugendlichen ist die Person des Leiters bzw. der Leiterin. Neben didaktisch-methodischen Fähigkeiten und Kenntnissen sind die persönlichen Voraussetzungen wie z.B. ihre Persönlichkeitsmerkmale (Risikofreudigkeit, Frustrationstoleranz, psychische Ausdauer u.a.) wichtig für das Gelingen der Angebote. Eigene - auch unbewusste -Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse, grundlegende Motive und Einstellungen (z.B. Menschenbild und Sportverständnis), aber auch die Fähigkeit mit anderen Menschen zu kommunizieren, fließen in die Arbeit der Jugend- und Übungsleiter/innen mit ein.

Dabei ist allerdings nicht so sehr eine idealtypische Betreuer*innen-Persönlichkeit nötig, die über alle nur erdenklichen persönlichen Fähigkeiten verfügt. Vielmehr ist das Wissen um die Bedeutung der eigenen Person und die Art und Weise, wie die Gruppenleiterin ihre eigenen Voraussetzungen in die Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen einbringen, wichtig. Ein wesentlicher Aspekt dieser Arbeitsweise ist die Ehrlichkeit ("Authentizität") in Bezug auf die eigenen Erwartungen, Vorstellungen und Ängste der Gruppe und sich selbst gegenüber. Dazu gehört auch das Eingehen auf die eigene aktuelle Tagesform und Belastbarkeit.

Aus dem Zusammenspiel fachlicher und persönlicher Kompetenzen und vor dem Hintergrund der anderen Planungsgrößen (Zielgruppe, Rahmenbedingungen usw.) ergibt sich das individuelle Arbeitsprofil jedes*jeder einzelnen Gruppenleiter*leiterin: Konkrete Praxisideen, Autorität in der Gruppe, Beliebtheit bei Kindern und Jugendlichen, der flexible Umgang mit Problemsituationen u.v.m. sind damit in einem hohen Maß von der Person des Leiters bzw. der Leiterin abhängig.

Zielgruppe
Die Zielgruppe der Kinder- und Jugendarbeit im Sport sind Kinder und Jugendliche. Über eine allgemeine Bestandsaufnahme hinaus ist die Überprüfung der Voraussetzungen jeder einzelnen Gruppe ausgesprochen wichtig, wenn sich die Arbeit tatsächlich an den Erwartungen, Wünschen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientieren soll. Mit den sog. soziokulturellen Voraussetzungen werden allgemeine, gesellschaftsbezogene Aspekte der jeweiligen Zielgruppe erfasst (Schichtzugehörigkeit, Schulbildung, Wohnviertel u.a.). Wesentliche Aspekte einer Zielgruppenbeschreibung sind die Gruppenzusammensetzung (Alter, Geschlecht und Anzahl der TN, Grad der Homogenität in der Gruppe), Erwartungen und Wünsche der TN, Vorerfahrungen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der TN, Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, Motivation und Stimmung in der Gruppe, Beziehungsstruktur (Grad der Vertrautheit, Kooperationsfähigkeit, auffällige Gruppenmitglieder usw.). Spezielle Zielgruppen, wie z.B. im Familiensport, in der interkulturellen Bildungsarbeit oder in der sozialen Brennpunktarbeit, erfordern u.U. eine besonders differenzierte Analyse der Gruppenvoraussetzungen.

Rahmenbedingungen
Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Gelingen eines Vereinsangebots haben die äußeren Rahmenbedingungen. Zu den räumlichen Voraussetzungen eines Vereinsangebots gehören z.B. Größe und Ausstattung des Raums, Beschaffenheit des Bodens, Lichtquellen (Tageslicht/Kunstlicht), akustische Einflüsse (Straßenlärm, Mehrfachsporthalle mit voller Belegung), sanitäre Anlagen, Lage und Erreichbarkeit des Raumes und bei Veranstaltungen im Freien auch witterungsbedingte Einflüsse. Zu den zeitlichen Voraussetzungen zählen u.a. die Dauer der Übungsstunde bzw. Aktion und die Tageszeit. Wichtige organisatorische Voraussetzungen sind z.B. die Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen, Gruppenhelfern und -helferinnen und die Unterstützung durch den Verein (Raumbeschaffung, Koordination von Übungszeiten, Elternarbeit usw.).

Informationen zum Mitnehmen

Hier finden Sie Broschüren, Infopapiere und andere Informationen.

Wie funktioniert die Sportförderung in Deutschland?

Eine kleine Link-Übersicht für Sportinteressierte