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Der Notvorstand

Zuständige Amtsgericht kann einen Notvorstand bestellen

Der Verein muss stets einen handlungsfähigen Vorstand haben. Ist der Vorstand nicht vollständig besetzt und führt dies dazu, dass der Vorstand nicht mehr in vertretungsberechtigter Anzahl agieren kann, dann kann in dringenden Fällen ein Notvorstand bestellt werden (vgl. § 29 BGB).  

Beispiel 1

Der Vorstand im Sinne des § 26 BGB besteht aus drei Personen. Die Satzung sieht vor, dass jeweils zwei Vorstandsmitglieder den Verein vertreten. Eine der drei Positionen bleibt bei Neuwahlen unbesetzt. Der Vorstand ist handlungsfähig, da er über zwei vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder verfügt. Es gibt keinen Anlass, einen Antrag auf Bestellung eines Notvorstands zu stellen.  

Beispiel 2

Die beiden gewählten Vorstandsmitglieder treten mit sofortiger Wirkung von ihren Ämtern zurück. Der Verein verfügt über keinen handlungsfähigen Vorstand. Soweit kein Schaden für den Verein zu erwarten ist, besteht aber auch in dieser Situation zunächst keine Veranlassung, einen Notvorstand zu bestellen. Es ist anerkannt, dass die ehemaligen Vorstandsmitglieder, die zwar nicht mehr im Amt, aber noch im Vereinsregister eingetragen sind, berechtigt sind, eine Mitgliederversammlung einzuberufen. Diese können also ohne weiteres eine Mitgliederversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Neuwahl eines Vorstands“ einberufen (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 21. Aufl. Rn. 293b). Besteht aber in der Zeit zwischen Einberufung und Datum der Mitgliederversammlung die Gefahr eines Schadenseintritts für den Verein, kann es veranlasst sein, zur Abwendung des Schadens die Bestellung eines Notvorstands zu beantragen. 

Die Bestellung des Notvorstands erfolgt durch das Amtsgericht, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt.  

Die Bestellung erfolgt in der Regel auf Antrag eines Beteiligten. Nur ausnahmsweise kann eine Bestellung von Amts wegen erfolgen, wenn kein Antrag zu erwarten ist, dem Amtsgericht aber Kenntnisse vorliegen, wonach eine Bestellung erforderlich ist (vgl. Burhoff, Vereinsrecht, 9. Aufl. Rn. 609 m.V.a BayObLGZ 1988, S. 410, 413).  

Als Beteiligter gilt jede Person, deren Rechte oder Pflichten durch die Bestellung unmittelbar beeinträchtigt werden (Burhoff, Vereinsrecht, 9. Aufl. Rn. 609). Das kann jedes Vereins- oder Vorstandsmitglied aber auch ein Gläubiger des Vereins sein (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 21. Aufl. Rn. 294). 

Die Bestellung erfolgt nur für die Zeit bis zur Behebung des Mangels. Sie kann zeitlich befristet oder nur für gewisse Angelegenheiten erfolgen. Vielfach wird die Befugnis dahingehend begrenzt, dass der Notvorstand nur ermächtigt sein soll, eine Mitgliederversammlung einzuberufen und zu leiten mit dem Tagesordnungspunkt „Neuwahl des Vorstands“. Dadurch wird der Verein in die Lage versetzt, einen handlungsfähigen Vorstand zu wählen. Im Übrigen hat ein Notvorstand dieselbe Rechtsstellung wie das Vorstandsmitglied, welches er ersetzt, also alle Rechte und Pflichten nach der jeweiligen Satzung und dem Gesetz (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 21. Aufl. Rn. 297; Burhoff, Vereinsrecht, 9. Aufl. Rn. 612).  

TIPP

Die Satzung sollte die Möglichkeit vorsehen, dass bei vorzeitigem Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern die verbleibenden Vorstandsmitglieder per Beschluss Nachfolger ernennen können. Die sogenannte Selbstergänzung erleichtert es, bei vorzeitigem Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern weiterhin einen handlungsfähigen Vorstand im Amt zu haben. Die Amtszeit des Nachfolgers kann für die restliche Amtszeit des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds erfolgen oder auf den Zeitraum bis zur nächsten Mitgliederversammlung begrenzt werden.